Wenn es nach der EU geht, verschwinden die Codeschnipsel aus dem Netz schneller, als es Werbetreibenden und Google lieb ist. Auch in anderen Ländern sind die Zeiten hart geworden für kleine Kekse. Wieviel Zeit noch bleibt, ist unklar, die Zeichen der Zeit jedoch sind deutlich.
Ein Problem damit hat vor allem Alphabet. Denn der Konzern hinter der größten Suchmaschine der Welt verdient eine nicht unerhebliche Summe mit zielgerichteter Werbung. Damit diese auch bei den Menschen ankommt, für die sie relevant ist, sind Cookies ein unverzichtbares Werkzeug. Umdenken ist angesagt. Und Google hat die ersten Konzepte bereits in der Pipeline.
Kekse im Netz
Doch zunächst zu den Grundlagen: Was sind Cookies überhaupt?
Cookies gibt es in zwei Geschmacksrichtungen: Erst- und Drittanbieter-Cookies. Besuchen Sie eine Website, schickt diese einen kleinen Codeschnipsel an Ihren Browser, den dieser speichert. Hier sind eine Reihe an Informationen hinterlegt, beispielsweise die von Ihnen verwendete Sprache, Ihr Standort oder ob Sie mit einem Mobiltelefon oder einem Desktop-PC auf die Seite zugreifen.
Diese Session- oder Erstanbieter-Cookies sind für die einwandfreie Funktion einer Website unverzichtbar und machen das Leben im Netz etwas leichter. Ohne Cookies müssten Sie beispielsweise auf einer Seite mit Log-in-Funktion Ihren Nutzernamen und Ihr Passwort permanent neu eingeben, weil Sie nicht identifiziert werden können. Warenkörbe wären bei jedem Seitenwechsel wieder leer, was Online-Shopping nicht gerade stressfrei macht. Und auch eine optimierte Darstellung für unterschiedliche Bildschirmgrößen lässt sich mit Cookies wesentlich leichter realisieren.
Es gibt jedoch neben diesen nützlichen Session-Cookies auch solche von Drittanbietern. Diese erhält der Browser beispielsweise von Werbebannern oder auch von Google Analytics. Die Cookieart ist dafür da, Informationen über Ihre Person und Ihre Interessen zu sammeln, um dann zielgerichtet Werbung auszuspielen. Dafür tragen die Programme Informationen über Ihr Surfverhalten zusammen und schicken diese dann an Analysetools. Analytics und Co. stellen die Daten dann in einen sinnvollen Kontext und geben Websitebetreibern die Möglichkeit, ihre Seiten zu optimieren. Sie sind es auch, die für eine Werbe-Verfolgung über mehrere Websites verantwortlich sind. Und hier zeigen verschiedene Regierungen und Datenschutzbehörden echten Kampfgeist.
Das hat auch bei Google inzwischen zum Umdenken geführt. Der Konzern ist zwar verhalten, aber bestimmt, wenn es um die Zukunft von Cookies geht: „Der Übergang zu einer Welt ohne Drittanbieter-Cookies bedeutet, dass wir die Technologie, auf der ein Großteil des Online-Werbesystems beruht, überdenken müssen“, sagt Googles Manager Matt Brittin.
Um diesen Weg gehen zu können, arbeitet Google schone eine ganze Weile an neuen Möglichkeiten. Diese setzen auf den Browser als Instrument der Informationsgewinnung und -verarbeitung. Und auf die Mithilfe des Nutzers.
Alternative Google-Konzepte zum Einsatz von Cookies
FLoC: Das erste Konzept, das Google vorgestellt hat, nennt sich Federated Learning of Cohortes. Bei diesem Verfahren wird Nutzern anhand ihres Surfverhaltens ein anonymisierter Hash-Wert, eine Zahlenfolge, zugewiesen. Nutzer mit ähnlichem Wert werden in einer Kohorte zusammengefasst. An diese Kohorten lässt sich dann Werbung ausspielen, die sich am jeweiligen Interessengebiet orientiert. 95 Prozent Wirksamkeit im direkten Vergleich mit Cookie-basierter Werbung soll die Technik laut Google haben und damit einen würdigen Nachfolger darstellen.
An FLoC gab es jedoch von Beginn an heftige Kritik. Denn die auf diesem Wege gesammelten Daten lassen sich problemlos mit anderen Informationen verknüpfen, um ein umfassendes User-Profil zu erstellen – also genau das Gegenteil davon, was das Verbot von Third-Party-Cookies eigentlich bewirken sollte. Hinzu kommt, dass der Nutzer gar nicht erst gefragt wird, ob er FLoC nutzen und die Daten über das eigene Surfverhalten überhaupt teilen möchte. Die Informationen sammelt der Browser vollautomatisch.
Topics-API: Deshalb ist FloC, zumindest bei Google, schon wieder Geschichte. Google hat sich die Kritik zu Herzen genommen und mit der Topics-API im Januar 2022 einen weiteren Ansatz als Alternative zu Cookies vorgestellt. Die Idee dahinter ist seinem Vorgänger ziemlich ähnlich. Analysiert wird auch hier der Browserverlauf des Nutzers. Aus den besuchten Websites werden Erkenntnisse über Themengebiete gewonnen, für die sich der Nutzer interessiert. Diese werden schließlich in einer Auswahlbox präsentiert und der Nutzer kann sich entscheiden, für welche der Themen Werbung ausgespielt werden soll.
Diese Technik bietet gleich mehrere Vorteile. Zum einen spielen Werbetreibende ihre Inhalte gezielt an Menschen aus, die sich für Anzeigen zu einem bestimmten Gebiet Interessieren. Zum anderen wird die Themenbox zu Auswahl für jedes Gerät separat erstellt. So lassen sich Arbeit und Freizeit trennen und Werbung besser steuern. Für Google besonders interessant ist aber, dass der Browser, von dem hier die Rede ist, selbstverständlich Chrome heißt. Und damit die Position von Alphabet auf dem Werbemarkt weiter festigt.
Drittanbieter-Cookies im Chrome-Browser sind Geschichte – bald
Bei Google hält sich die Begeisterung über den Wegfall von Cookies naturgemäß in Grenzen. Schließlich beruht das gesamte Werbenetzwerk des Unternehmens darauf, Nutzern Anzeigen basierend auf ihren bisherigen Suchverläufen und Interaktionen anzuzeigen.
Davon profitieren neben Google natürlich auch die Werbetreibenden selbst. Denn die zielgerichtete Werbung funktioniert. Menschen das zu geben, nach dem sie suchen, bringt vielen Online-Händlern verlässlichen Umsatz. Es sich mit eben diesen Werbetreibenden zu verscherzen, will Google auf keinen Fall. Denn auch wenn die Marktmacht des Konzerns immens ist, in seinem Schatten warten zahlreiche andere Anbieter darauf, dem Platzhirsch den Rang abzulaufen.
Entsprechend heftig fielen dann auch die Reaktionen aus, als Google bekannt gab, dass der hauseigene Browser Chrome keine Drittanbietercookies mehr akzeptieren werde. Denn immerhin verwenden den mittlerweile mehr als zwei Drittel aller Internetnutzer, mobil wie am Desktop. Die Maßnahme ist für die Werbetreibenden deshalb entsprechend stark spürbar. Um die Wogen etwas zu glätten, ruderte Google zurück. Die Einführung erfolgt jetzt schrittweise und vergleichsweise sanft. Es gibt Übergangsfristen für die Werbebranche und ohnehin brauchen etwaige Nachfolgesysteme noch etwas Zeit, bis sie vollständig ausgereift sind. Momentan ist die zweite Jahreshälfte 2024 als Termin angepeilt. Dann ist auch bei Google endgültig Schluss mit Cookies.