Dark Patterns: Manipulatives UX-Design

Dark Patterns – was ist das, wie wirkt das und warum wird es eingesetzt? In diesem Artikel gehen wir näher auf die Designmuster ein und verraten Ihnen, wie Sie Manipulation erkennen und Betrug vermeiden!

Haben Sie im Netz schon mal auf eine Werbeanzeige geklickt, obwohl Sie es nicht wollten? Sind Sie an einem Kündigungsvorgang verzweifelt, weil Ihnen dabei so viele Steine in den Weg gelegt wurden, dass Ihnen der Geduldsfaden gerissen ist? Oder haben Sie beim Ändern der Privatsphäre-Einstellungen der beliebtesten sozialen Netzwerke den Kopf auf die Tischplatte gehauen, weil Sie bei der Menge an komplexen rechtlichen Formulierungen und doppelten Verneinungen keinen Durchblick mehr hatten? Ursache dafür sind Dark Patterns, Designtechniken, die Sie zu einem bestimmten Handeln verleiten wollen.

Diese Techniken spielen mit Erwartungen, visuellen Effekten, unserer Zeit und Geduld, um zum Klicken, Kaufen oder Bleiben zu bewegen. Auch und besonders dann, wenn Sie das gar nicht wollen. In diesem Artikel schauen wir uns die verwendeten Methoden näher an, geben Beispiele und verraten auch, welche Unternehmen am liebsten mit Dark Patterns arbeiten.

Methoden

Es gibt eine ganze Reihe an Techniken, die genutzt werden, um Menschen zu einem bestimmten Verhalten zu animieren. Vieles davon fällt in den Bereich Marketing und Werbung. Doch ab einem gewissen Maß kann von absichtlicher Täuschung gesprochen werden, die das Ziel hat, Nutzerinnen und Nutzer zu Handlungen zu verleiten, die er oder sie so nie tätigen wollte.

Es gibt eine große Grauzone in diesem Bereich und nicht jedes Unternehmen, dass eine der aufgeführten Methoden verwendet, führt gleich Böses im Schilde. Dennoch hilft es, sich dieser Techniken und ihrer Wirkung bewusst zu sein, um Entscheidungen, die wir im Netz treffen, noch einmal zu hinterfragen.

Druck: Entscheide dich jetzt

Künstlich verknappte Güter, Zeitdruck, die Angst, etwas zu verpassen – all diese Methoden üben Druck auf uns auf und verleiten uns dazu, Dinge zu tun, die wir mit genügend Zeit zum Nachdenken gar nicht oder anders gemacht hätten.

  • Countdown: Ein Angebot ist nur eine begrenzte Zeit gültig. Wer jetzt nicht zuschlägt, hat am Ende das Nachsehen. Was beim Winterschlussverkauf seit Jahrzehnten funktioniert, klappt auch im Netz hervorragend.
  • Scarcity: (Knappheit) Ein begrenztes Angebot führt dazu, dass potenzielle Kunden Angst haben, etwas zu verpassen. Das nutzen Reiseportale und Onlinehändler geschickt aus, um zum Kauf zu verleiten.
  • Nagging: (Nörgeln, Quengeln) Ständiges Wiederholen einer Anfrage, beispielsweise eine Berechtigung zum Senden zusätzlicher Informationen zu erteilen. Der Nutzer soll irgendwann entnervt einwilligen, um der ständigen Quengelei zu entgehen.

Irreführung: Lass dich täuschen

Mithilfe grafischer Gestaltungselemente zur Ablenkung oder unter Ausnutzung gelernter Verhaltensweise, die absichtlich enttäuscht und missbraucht werden, werden Nutzer und Nutzerinnen zu Handlungen verleitet, die dem eigentlichen Ziel zuwiderlaufen.

  • Bait and Switch: (locken und wechseln) Das Ausführen einer Aktion löst eine andere oder weitere, nicht beabsichtigte Aktion aus. Klicken Sie beispielsweise auf das X zum Schließen einer Anzeige, werden Sie auf die Seite des Werbenden weitergeleitet.
  • Cookie consent tricking: (Cookie-Einwilligungstrick) Technik, die Cookiebanner so aufbaut, dass eine volle Einwilligung in deren Nutzung wahrscheinlicher ist. Genutzt werden dabei sowohl farbliche als auch grafische Manipulatoren.
  • Deliberate Misdirection: (absichtliche Fehlleitung) Umlenkung der Aufmerksamkeit eines Nutzers. Gerne verwendet, um ein teureres Angebot in den Mittelpunkt zu stellen und günstigere Varianten in den Hintergrund zu rücken.
  • Disguised Ads: (verkleidete Werbung) Eine Anzeige oder ein Werbetext wird so in eine Seite eingebunden, dass sie wie regulärer Content aussieht und Besucher zum Klicken animiert.
  • Friend Spam: (Freunde-Spam) Diese Methode nutzt das Vertrauen, das wir in Freunde und Bekannte setzen, aus. Nachdem es einer Plattform gelungenen ist, auf die Kontaktliste eines Nutzers zuzugreifen, werden dessen Kontakte mit Spam geflutet. Durch die persönliche Ansprache ist die Hemmschwelle, einer Aufforderung Folge zu leisten, deutlich reduziert.
  • Trick Questions: (Trickfragen) Der Seitennutzer soll dazu gebracht werden, Fragen auf eine Art zu beantworten, auf die er sie bei genauem Lesen nicht beantworten würde. So werden beispielsweise Kündigungen durch doppelte Verneinungen erschwert.

Erschleichen: Schau nicht genauer hin

Zusatzleistungen buchen, Produkte verkaufen oder Verträge abschließen, ohne dass Käufer oder Käuferin davon etwas mitbekommen, bis es zu spät ist.

  • Sneak into Basket: (in den Warenkorb schleichen) Technik im Online-Handel, bei der zusätzlich zum eigentlichen Produkt weitere in den Warenkorb gelangen, die dann versehentlich mitbestellt werden. Gerne in Kombination mit vorausgefüllten Opt-Out-Optionen, die leicht übersehen werden können.
  • Hidden Subscription: (Verstecktes Abonnement): Der Nutzer oder die Nutzerin schließen unbemerkt ein Abo ab, dessen Existenz erst durch die nächste Rechnung klar wird.
  • Hidden Costs: (versteckte Kosten) Um eine Kundin oder einen Kunden während des Bestellvorgangs nicht zu verschrecken, werden zusätzliche Kosten erst im letzten Schritt des Check-Out-Vorgangs angezeigt. Nicht nur Lieferkosten, auch Steuern, Bearbeitungs- oder Anschlussgebühren fallen in diese Kategorie.

Hindernisse: Gib einfach auf

Wir wollen uns nicht mit langweiligen Dingen herumärgern. Besonders im Netz, wo alles immer schnell und einfach geht, fällt es uns schwer, Geduld aufzubringen. Mit verschiedenen Hindernissen nutzen Unternehmen diese Trägheit, um uns von bestimmten Handlungen, beispielsweise Kündigungen, abzubringen.

  • Click Fatigue: (Klickermüdung) Unterschiedlich lange Klickwege für die verschiedenen Auswahloptionen. Hier ist das allgegenwärtige Cookiebanner ein hervorragendes Beispiel. Das Akzeptieren aller Cookies geht mit einem Klick, eine Ablehnung erfordert eine detaillierte Auswahl.
  • Faraway Bill: (weit entfernte Rechnung) Ist eine Rechnung ausschließlich online einsehbar, steigt die Chance, dass der Nutzer diese vergisst und auf Abbuchungen oder Forderungen nicht rechtzeitig reagiert. Zusätzlich unterstützt wird diese Methode mit komplizierten Login-Vorgängen und Sprachbarrieren
  • Preselection: (Vorauswahl) Bei verschiedenen Einstellungsmöglichkeiten ist eine bereits vorausgewählt oder bestimmte Zusatzoptionen sind bereits hinzugebucht. Malware beispielsweise, die beim Download vermeintlich freier Software mitinstalliert wird, fällt in diese Kategorie.
  • Price Comparison Prevention: (Preisvergleichsverhinderung) Verstecken oder verschleiern des Preises eines Angebotes, um einen Vergleich mit anderen Anbietern zu erschweren. Beliebt sind beispielsweise verschiedene Stückzahlen, unterschiedliche Währungen oder uneinheitliche Mengenangaben.
  • Privacy Zuckering: Benannt nach Facebook/Meta-CEO Mark Zuckerberg. Beschreibt absichtlich irreführend, unverständlich oder zweideutig verfasste Privatsphäre-Einstellungen, die den Zweck haben, die größtmögliche Menge an Daten zu gewinnen und dem Nutzer dabei trotzdem die vermeintliche Kontrolle lassen.
  • Roach Motel: (Kakerlakenfalle) Sehr plastische Beschreibung einer Situation, in die ein Nutzer leicht hinein, aber nur schwer wieder herauskommt. Beispiel dafür sind Abonnements, die mit wenigen Klicks abgeschlossen sind, sich aber nur postalisch wieder kündigen lassen.
  • Road Block: (Straßenblockade) Die Verhinderung oder Verzögerung einer Aktion durch den Nutzer. Das Schließen einer Werbeanzeige durch einen ablaufenden Timer beispielsweise.

Zwang: Tu das jetzt

Für die volle Nutzung eines Angebotes oder das Abschalten eines nervigen Features wird eine Gegenleistung verlangt.

  • Forced Continuity: (erzwungene Kontinuität) Klassiker, der auch bei Zeitschriftenabonnements gerne verwendet wird. Gemeint ist eine automatische Verlängerung eines Vertrages ohne Erinnerung des Nutzers. Gerne in Kombination mit kostenlosen Probeläufen verwendet.
  • Forced Disclosure: (Erzwungenen Offenlegung) Nutzer werden zur Eingabe von persönlichen Daten gezwungen, welche für die Wahrnehmung eines Angebots eigentlich nicht notwendig sind. Diese Informationen werden dann weiterverwendet und beispielsweise für Werbezwecke genutzt. Häufig im Zusammenhang mit Gewinnspielen zu beobachten.

Wer nutzt Dark Patterns? Alle!

Fast alle Unternehmen, die sich im Netz bewegen, setzen an der ein oder anderen Stelle Mechanismen und Techniken ein, die sich den Dark Patters zuordnen lassen. Ein paar Beispiel haben wir zusammengetragen, um einen Überblick zu gewinnen. Noch viel mehr gibt es auf dem Twitterkanal darkpatterns.org.

  • Booking.com, hier stellvertretend für zahlreiche Reiseprotale genannt, sorgt mit künstlicher Verknappung („nur noch fünf Zimmer frei“) und einem Countdown für Druck und setzt die Kundschaft unter Zugzwang.
  • Adobe verwirrt gerne mit unterschiedlichen Preismodellen für die Creative Cloud. So wird ein Preisvergleich erschwert und das Abomodel mit der längsten Dauer attraktiver dargestellt.
  • Facebook macht nicht nur mit den Datenschutzbestimmungen und Privatsphäre-Einstellungen von sich reden. Auch das Ablehnen von Page Invites folgt einem Dark Pattern Muster. Hier sind die Buttons so hervorgehoben, dass die Bestätigung der Ablehnung kaum zu erkennen ist. Zustimmen ist wesentlich prominenter dargestellt.
  • Diverse Fitnessstudios spielen mit Preisen, um einen Vergleich zu erschweren. Fitness First gibt einen Wochenpreis an, FitX arbeitet mit Anmeldegebühren und bei Cleverfit wird eine Servicepauschale fällig, die im Halbjahrestakt abgerechnet wird.
  • Auch Amazon schafft es auf die Liste. Zur Kündigung der Prime-Mitgliedschaft ist eine Menge Arbeit erforderlich. Der Prozess erstreckt sich über mehrere Seiten und spart nicht damit, auf die Vorteile hinzuweisen, auf die Sie nun verzichten müssen. Und zunächst müssen Sie die Option erst einmal finden, was sogar mit Hilfe nicht ohne Probleme gelingt.

Doch nicht nur die großen Techfirmen, sondern auch zahlreiche Onlinehändlern, B2B-Unternehmen sogar die Bäckerei um die Ecke verwendet an der ein oder anderen Stelle manipulatives Design. Denn die Methoden funktionieren. Und sind in den allermeisten Fällen rechtlich unbedenklich. Einzig das Vertrauen der Kunden kann schnell schwinden, wenn sie merken, dass mit unlauteren Mittel gearbeitet wird.

Mit einem guten UX-Design müssen Sie gar nicht erst auf Dark Pattern Methoden zurückgreifen, um Erfolg im Netz zu haben. Wenn Sie wissen wollen, wie wir Kunden überzeugen, ohne auf fragwürdige Methoden zurück zu greifen, rufen Sie uns gerne an.